Franz Liszt (1811 – 1886): Via crucis
Franz Liszt: der Hexenmeister am Klavier. Franz Liszt: der Erfinder der Symphonischen Dichtung. Und schließlich Franz Liszt: der Abbé, der Komponist von rund fünf Dutzend Kirchenmusik-Werken, die heute, vollkommen zu Unrecht, fast völlig vergessen sind.
Im Alter von 50 Jahren ließ sich Liszt in Rom nieder. Die glanzvollen Virtuosenjahre lagen endgültig hinter ihm. Sein Hauptaugenmerk galt einer Reform der Kirchenmusik. Seine Idee einer Versöhnung, wenn nicht gar Verschmelzung der katholischen und der protestantischen Kirchenmusik, die er jetzt verfolgte, ist der Kerngedanke der Via-crucis-Kantate. Liszt hat zur Vertonung der 14 Kreuzwegstationen beliebte, bekannte und literarisch hochstehende Texte aus über 1000 Jahren abendländischer Kirchengeschichte ausgewählt. Der Text ist teils lateinisch, teils deutsch, Gregorianik steht neben lutherischen Chorälen.
Die Komposition gilt gemeinhin als die modernste, die Liszt je geschrieben hat. Die Expressivität weist weit ins 20. Jahrhundert voraus.